Der klassische Sales-Funnel hat auch in der digitalen Welt seinen festen Platz, wenn auch die Mechanismen nach einem anderen Erfolgsrezept funktionieren. So bietet das Internet trotz gigantischer Konkurrenz nach wie vor eine Vielzahl an Chancen. Wie lässt sich hier nun ein Verkaufstrichter erfolgreich aufbauen? Es klingt zunächst ganz einfach: Indem nach den Online-Regeln gespielt wird. Und die haben wir uns mal näher angeschaut.
Vom AIDA-Prinzip zur Customer Journey
Holen wir uns zunächst die Wirkungsweise eines Sales Funnels in Erinnerung. Fachleute sprechen in diesem Zusammenhang – wie es die Übersetzung ins Deutsche schon verrät – ganz bildlich von einem Trichter, der allerdings mit Löchern versehen ist. Oben schüttet man eine große Menge potentieller Kunden hinein, unten kommen zahlende Kunden wieder heraus. Innerhalb des Funnels durchlaufen die Adressaten verschiedene Phasen. Die Löcher funktionieren dabei wie ein Filter, durch den weniger interessante Kunden den Trichter verlassen – sodass sich die sprichwörtliche Spreu vom Weizen trennt. Über lange Zeit wurde dieser Vorgang mit dem vielzitierten Werbewirkungsmodell AIDA beschrieben.
Das Kürzel AIDA steht für Awareness, Interest, Desire, Action (Aufmerksamkeit, Interesse, Verlangen, Aktion). Zu Beginn muss ein Kunde das Produkt überhaupt erst mal wahrnehmen. Im zweiten Schritt gilt es, sein Interesse dafür zu wecken. Hat sich der Kunde näher mit dem Produkt befasst, sollte das Verlangen in ihm verstärkt werden, das Produkt zu besitzen. Erst wenn diese Schritte erfolgreich durchlaufen wurden, kommt es zur Stunde der Wahrheit: der Aktion, oder genauer gesagt dem Kauf des Produkts. So weit, so linear.
Auch wenn die ungefähren Grundideen des AIDA-Modells noch funktionieren, so reicht die stringente Abfolge dieser Schritte heute nicht mehr aus. Vor allem in der digitalen Welt folgt der Kunde in der Regel keiner klaren Entscheidungsabfolge mehr, sondern wird durch viele verschiedene Maßnahmen und Botschaften beeinflusst oder springt innerhalb der Customer Journey vor und zurück. Hat der Sales-Funnel damit ausgedient? Bei weitem nicht, er muss vielmehr neu gedacht werden.
ToFu, MoFu, BoFu? Digitale Sales-Funnel im Gegenlicht
Angelehnt an AIDA, aber angepasst an die Anforderungen unserer Zeit, wird der moderne Sales Funnel in drei dynamische Bestandteile untergliedert: Dem Top of Funnel (ToFu) um öffentliches Bewusstsein zu schaffen, dem Middle of Funnel (MoFu) zur Verstärkung des Interesses und dem Bottom of Funnel (BoFu) mit der Entscheidung, die zum Sale führt. Hier solltet von Anfang an mit einer ganzheitlichen Strategie gearbeitet werden. Wichtig ist eine klare Formulierung der Ziele, die über den aufgebauten Funnel erreicht werden sollen, beispielsweise mehr Verkäufe.
ToFu: Wer lässt sich wann, wo und wie abholen?
Um Bewusstsein für das eigene Produkt oder die eigene Dienstleistung zu schaffen, ist eine umfangreiche Zielgruppenanalyse zwingend erforderlich. An diesem Punkt setzt die Basis der Customer Centricity an. Wer ausreichend Kundeninformationen gesammelt hat, kann genau die richtigen Touch Points über jene Kanäle generieren, über die sich potentielle Kunden erreichen lassen. Im Fokus stehen also Kontakte, Kontakte und noch mehr Kontakte!
Diese können beispielsweise über hochwertigen Content, digitale Werbeanzeigen, Maßnahmen auf Social Media oder gar Marken-Influencer angesprochen werden. Aber auch die eigene Website spielt hier eine Rolle, sprich deren Aufbereitung im richtigen Kontext, ihre Auffindbarkeit im Netz etc. Mit Hilfe von SEO (Suchmaschinenoptimierung) lassen sich wichtige Weichen stellen. Sobald ein Interessent auf die eigene Website gelangt ist, rutscht er in den Sales-Funnel hinein – wäre es da nicht klug, ihm das Finden der Website so einfach wie möglich zu gestalten? Laut Untersuchungen beträgt die durchschnittliche Klickrate für das erste organische Suchergebnis bei Google 28,5 Prozent, beim Zweiten 15,7 Prozent, beim Dritten nur noch 11 Prozent. Tendenz stark sinkend.
MoFu: Wie lässt sich das Interesse des Kunden verstärken?
Nach dem ersten Schritt haben bereits viele Personen den Trichter verlassen. Umso wichtiger ist es nun, die Übrigen an die Hand zu nehmen. Die Neugier wurde bereits geweckt, jetzt wollen die Interessenten tiefer eintauchen, d.h. sie suchen gezielt nach Informationen, vergleichen Angebote oder Rezensionen. Erst nach Ende dieses Abwägens wird das Produkt vielleicht zum Objekt der Begierde. Wichtig ist, die Interessenten während dieser Phase nicht alleine zu lassen, sondern sie aktiv auf dem Weg der Consideration zu begleiten.
Alles, was der potentielle Kunde nun erhält, muss ihm einen Mehrwert bieten. Man will ihn auf der Seite behalten! Dies gelingt u.a. mit Hilfe strukturierter Produktdetails, ansprechendem Content (z.B. Texte, Video-Demos) oder dem Ausspielen von Bewertungsoptionen. Zudem kann der Vorgang auch gelenkt werden, beispielsweise über virtuelle Chatbots, die dem Interessenten bei Produktfragen unmittelbar Rede und Antwort stehen. Sympathische Social Media Präsenzen unter Berücksichtigung bzw. mit Einbeziehung der eigenen Follower und Abonnenten können im Middle of Funnel eine erhebliche Auswirkung auf die Kaufentscheidung haben.
BoFu: Warum sollte der Kunde unbedingt bei mir kaufen?
Wir nähern uns dem Trichterhals, oder besser gesagt den zahlenden Kunden. Auch wenn im Bottom of Funnel das Risiko des Absprungs deutlich geringer ist als zu Beginn, besteht nach wie vor die Möglichkeit, dass sich der potentielle Kunde für einen Konkurrenten entscheidet. Aspekte wie ein übersichtliches Kontaktformular oder ein intuitiver Bestell- und Zahlungsvorgang sind obligatorisch. Vielmehr sollte der Kunde aber einen Anreiz erhalten, warum er ausgerechnet in unserem Shop oder auf unserer Website tätig werden sollte.
Mögliche Impulse, um einen Kauf zu besiegeln, können ganz unterschiedlich sein – von zeitlich limitierten Preisermäßigungen bis hin zu Gutscheinen für den nächsten Einkauf. Und selbst wenn es nicht unmittelbar zum Kauf kommt, verlässt der Interessent nicht automatisch den Funnel. Eine bewährte Maßnahme besteht unter anderem darin, den Kunden für ein E-Mail-Newsletter-Abonnement zu gewinnen und ihn in regelmäßigen Abständen möglichst unaufdringlich zum eigenen Angebot zurückzulotsen, so zum Beispiel mit individualisierten Rabattcodes oder ähnlichem. Eine solche Option kann selbstverständlich auch nach dem Transaktionsprozess noch überaus sinnvoll sein, um die Kundenbindung aufzubauen.
Nach dem Sale ist vor dem Sale
Wenn ein Sales-Funnel seine Wirkung zeigt und zahlende Neukunden generiert, ist das ein großer Erfolg. Die Königsdisziplin besteht aber darin, die Bestandskunden nicht aus den Augen zu verlieren, denn sie haben dem Unternehmen bereits ihr Vertrauen ausgesprochen und stellen daher einen unschätzbaren Wert dar. Zufriedene Kunden müssen nicht erneut umworben werden, sind auf längere Sicht deutlich profitabler und können auch die Reichweite der Marke vergrößern. Betriebswirtschaftliche Strategen bemessen die Neukundengewinnung als fünfmal so kostspielig wie die Pflege der bestehenden Kundenbindung. Daraus abgeleitet ergeben sich dringende To-Dos, um die Kundenloyalität zu stützen. Nur wer das berücksichtigt, kann nachhaltig Erfolg haben.