Die Produktlebensdauer wird immer kürzer. Der Druck zur disruptiven Innovation steigt. Die Produktentwicklung muss sich anpassen und agiler werden.
Produktentwicklung Teil der Innovationsstrategie
Die Produktentwicklung wird definiert als der Prozess der Entstehung eines neuen Produkts. Dabei geht es entweder um die Verbesserung von bereits bestehenden Produkten (inkrementell) oder die radikale Neuentwicklung von Produkten (disruptiv). Produkte können physische Produkte, Dienstleistungen oder Geschäftsmodelle sein. In jedem Fall geht Produktentwicklung immer einher mit Innovation.
Daher sollte der Produktentwicklungsprozess – auch als Innovationsprozess bezeichnet – Teil einer Innovationsstrategie sein, die mit der Unternehmensstrategie und der Organisationsentwicklung verzahnt ist. Nur auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass Innovation nicht zufällig und außerhalb der Unternehmensstrategie erfolgt.
Wo bleibt der Kunde?
Zwei Dinge sollte man sich bewusst machen, wenn man über den Produktentwicklungs- bzw. Innovationsprozess nachdenkt:
- Die meisten Innovationen in Deutschland sind nach wie vor inkrementelle Innovationen, also erneuernde Innovationen, die aus dem Unternehmen heraus entstehen. Dabei wird ein bestehendes Produkt verbessert, zum Beispiel durch zusätzliche Features, eine höhere Präzision oder Geschwindigkeit.
- In der Regel kommen neue Produkte erst auf den Markt, wenn sie in den Augen des Herstellers perfekt sind. Bis zu diesem Zeitpunkt ist meistens bereits so viel Geld in die Produktentwicklung geflossen, dass das Produkt um jeden Preis in den Markt „gedrückt“ werden muss.
Und jetzt sollten Sie sich fragen, wo in diesem Szenario der Kunde bleibt.
Die Antwort ist erschütternd: Der Kunde steht im Markt und soll Innovationen kaufen, die in vielen Fällen weder ihm noch seinen Kunden einen Nutzen oder Mehrwert bringen. Der Kunde wurde gar nicht gefragt.
Der agile Innovationsprozess
Der agile Innovationsprozess bietet einen Ausweg aus diesem Dilemma. Agilität braucht man nicht, um einen noch windschnittigeren Rückspiegel oder eine Spülmaschine mit einem geringeren Wasserverbrauch zu entwickeln.
Doch je komplexer die Sache und je unsicherer das Umfeld, desto mehr ist Agilität gefragt. Angesichts einer sich immer schneller verändernden Umwelt und immer kürzerer Produktlebenszyklen muss der Produktentwicklungs- bzw. Innovationsprozess agiler werden. Darüber hinaus sollte sich Innovation auf Geschäftsmodelle konzentrieren.
Geschäftsmodellinnovationen werden langfristig den größten Impact auf Umsatz und Rendite haben.
Der Kunde als Begleiter im Innovationsprozess
Der wichtigste Unterschied vom konventionellen zum agilen Innovationsprozess ist die Einbeziehung des Kunden in den gesamten Prozess, und zwar von Anfang an. Der agile Innovationsprozess verläuft also von außen nach innen. Agile Innovation geht von den tatsächlichen, dringenden Problemen des Kunden aus. Ziel ist eine nachhaltige Lösung dieser Probleme bzw. Schmerzpunkte.
Vom ersten Prototyp während der Ideen-Validierungsphase über das Minimum Viable Product (MVP) bis zum Markteintritt begleitet der Kunde den Innovationsprozess. Dabei werden alle Möglichkeiten der Interaktion online und offline genutzt.
Das richtige Team ist erfolgsentscheidend
Wenn Sie tatsächlich auf der Suche nach einer radikalen oder disruptiven Innovation oder einer Geschäftsmodellinnovation sind, brauchen Sie dafür ein Team mit den entsprechenden Kompetenzen. Die Teamzusammensetzung wird erfolgsentscheidend sein. Setzen Sie nicht nur auf Interne, sondern auch auf Externe, auf Menschen, die unabhängig und offen denken, kreativ und technologieaffin sind, agile Instrumente wie Design Thinking, Lean Startup und Build-Measure-Learn anzuwenden wissen. Die Wahl des Teamleaders erfordert höchste Sorgfalt.
Gestehen Sie dem Team Unabhängigkeit und Eigenverantwortung zu.
In 10 Schritten zur agilen Produktentwicklung
- Das Team erstellt eine Umweltanalyse. Dazu gehört die Betrachtung von Trends, technologischen Entwicklungen, Markt und Wettbewerb und der eigenen Branche.
- Im Rahmen der Unternehmensstrategie und der Erkenntnisse aus der Umweltanalyse werden Suchfelder definiert.
- Das Team muss die tatsächlichen ‚Pain Points‘ und Ineffizienzen der Kunden herausfinden.
- Für die erste Ideen- bzw. Lösungsfindung gilt Quantität vor Qualität. Interdisziplinäre Zusammenarbeit über Hierarchiegrenzen hinweg ist dabei nützlich und sinnvoll.
- Am Schluss der Ideenfindungsphase werden eine oder mehrere Ideen selektiert und umgesetzt.
- Diese Ideen müssen an ausgewählten Kunden oder Kundengruppen validiert werden. Je nach Ergebnis werden sie weiterverfolgt, verändert oder verworfen. Dabei gilt der Grundsatz „fake it until you make it“. Das heißt, in der Regel gibt es noch gar kein Produkt, sondern nur einen „fake“.
- Erst wenn eine Idee validiert wurde, sollte der Geschäftsführung ein Business Case präsentiert werden.
- Stimmt die Geschäftsführung zu, entsteht ein richtiges Produkt (Minimum Viable Product – MVP), das breiter am Markt getestet wird. Allerdings ist auch dieses Produkt noch nicht perfekt.
- Das Kundenfeedback spielt in der Testphase eine entscheidende Rolle. Aufgrund des Kundenfeedbacks wird das Produkt weiter verbessert.
- Erst wenn sich zeigt, dass das neue Produkt oder Geschäftsmodell vom Markt angenommen wird, sollte ein Businessplan erstellt und die Neuheit perfektioniert werden.
Fazit: Agilität und Kundenorientierung sind unverzichtbar
Die Produktlebensdauer verkürzt sich stetig und der Druck zu disruptiven Innovationen nimmt zu. Daher muss der Innovationsprozess flexibel und anpassungsfähig sein. Durch die enge Einbindung des Kunden von Anfang an kann sichergestellt werden, dass neue Produkte tatsächlich auf deren Bedürfnisse abgestimmt sind und echten Mehrwert bieten. Die richtige Teamzusammensetzung und die Anwendung agiler Methoden wie Design Thinking und Lean Startup sind dabei entscheidend. Nur so kann die Produktentwicklung erfolgreich Teil einer umfassenden Innovationsstrategie werden, die langfristig Umsatz und Rendite steigert.