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Inflation und Zinsen im Zeichen von Krisen und Kriegen – Was Unternehmen jetzt tun sollten

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Inflation und Zinsen im Zeichen von Krisen und Kriegen – Was Unternehmen jetzt tun sollten

Bereits seit Mitte letzten Jahres waren erhöhte Inflationsraten zu beobachten, seit Herbst auch wieder ansteigende Zinsen, zum ersten Mal nach über einem Jahrzehnt. Viele Wirtschaftsexperten und auch die Europäische Zentralbank (EZB) sahen den Preisanstieg als vorübergehendes Phänomen an. Spätestens mit der russischen Invasion und deren wirtschaftlichen Folgen dürfte klar sein, dass niedrige Inflationsraten der Vergangenheit angehören und die Nullzinspolitik womöglich auch. Vielerorts wird bereits eine Rückkehr der „Stagflation“ erwartet, eine Kombination aus hoher Inflation bei schwacher konjunktureller Entwicklung. Ein düsteres Szenario, das an die Siebziger Jahre erinnert. Wie können Unternehmen darauf reagieren?

Inflation – die Faktenlage:

Im Gesamtjahr 2021 lag der Anstieg der Verbraucherpreise in Deutschland bei 3,1 %. Dies ist der höchste Wert seit 1993. Im Dezember hat sich im Jahresvergleich der Preisauftrieb sogar auf 5,1 % gegenüber dem Vorjahresmonat beschleunigt. Dieses Phänomen ist nicht auf Deutschland und Europa beschränkt, sondern auch in Nordamerika zu beobachten, wo jüngst für den Januar 2022 sogar ein Anstieg um 7,5 % gegenüber dem Vorjahresmonat gemeldet wurde. Die ansteigenden Preise in Deutschland kamen nicht überraschend, da die Erzeugerpreise bereits in 2021 kontinuierlich nach oben gingen und im Januar 2022 einen Rekordwert von 24,2 % erreicht haben – der höchste Anstieg seit dem 2. Weltkrieg. Diese Preissteigerungen geben die Produzenten sukzessive an die Endverbraucher weiter; das Ausmaß hängt dabei von der jeweiligen Wettbewerbssituation ab.

Welche Ursachen hat die höhere Inflation?

Zunächst war die vorherrschende Begründung, diese Entwicklung sei ausschließlich auf die pandemiebedingten Lieferengpässe zurückzuführen. Dadurch verteuerten sich zunächst die Frachtraten unterschiedlicher Rohstoffe signifikant, aber ebenso offenbarte sich ein deutlicher Anstieg der Energiepreise. Mit der russischen Invasion in der Ukraine hat sich der Preisanstieg für Gas und Rohöl nochmal deutlich beschleunigt und erreichte Anfang März den höchsten Wert seit 2008. Das Allzeithoch dürfte bald folgen.

Inflation – wirklich nur eine temporäre Entscheidung?

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Wie die Pandemie hielt man die Preissteigerungen zunächst für ein temporäres Phänomen. Diese Ansicht teilte auch die europäische Zentralbank (EZB), weshalb sie bisher an ihrer expansiven Geldpolitik festgehalten hat. Die Notenbanken anderer G7-Staaten haben ihre Einschätzung den Fakten angepasst: so haben die Bank of Canada und die Bank of England bereits ein- bzw. zweimal den Leitzins angehoben Die Finanzmärkte erwarten zudem, dass die amerikanische Notenbank FED sogar bis zu fünf Zinserhöhungen in 2022 vornehmen wird, um den Preisanstieg einzudämmen.

Was bedeutet das für die Zinsen?

Da Notenbanken u.a. der Preisstabilität verpflichtet sind, sind Zinserhöhungen das zentrale Instrument gegen Inflation. Die Kapitalmärkte haben die Entwicklungen bereits vorweggenommen, so dass sich die Zinssätze im Euroraum seit August 2021 signifikant erhöht haben. Der 5-Jahres-Zins ist bereits um mehr als 1 % gestiegen.

Daraus folgt, dass die Kapitalmarktteilnehmer die Einschätzung der EZB nicht teilen, wonach die erhöhten Inflationsraten eine nur vorrübergehende Entwicklung sind. Mehrere Faktoren sprechen für einen anhaltenden Preisdruck:

  • Die bereits gestörten Lieferketten werden bei größeren Corona-Ausbrüchen in China noch weiter unter Druck kommen und somit Importe und Vorprodukte weiter verteuern.
  • Die – auch politisch gewollte – Verteuerung der Energiepreise könnte angesichts des Umbaus im Rahmen der Energiewende auf erhöhtem Niveau verbleiben oder gar weiter ansteigen.
  • Angesichts des Fachkräftemangels und der vielen offenen Stellen in einigen Branchen ist zu erwarten, dass die moderaten Lohnabschlüsse der vergangenen Jahre von der Arbeitnehmerseite in dieser Form nicht mehr akzeptiert werden. Dies würde den Ausgangspunkt für die von Notenbanken gefürchtete „Lohn-Preis-Spirale“ legen.
  • Der zum jetzigen Zeitpunkt offene Ausgang der russischen Invasion in der Ukraine sorgt für eine zusätzliche Störung von Lieferketten und eine weitere Beschleunigung des Preisanstiegs.

Welche Konsequenzen hat dies für Unternehmen?

Der beschleunigte Preisauftrieb trifft die Unternehmen in unterschiedlichen Bereichen:

  • Der Anstieg der Zinsen verteuert die Finanzierung – die Nullzinspolitik geht zu Ende.
  • Krieg, Inflation und Zinspolitik wirken sich zudem auf die Währungskurse aus. Dies birgt Chancen, aber auf der Beschaffungsseite sorgt ein schwächerer Euro zusätzlich für höhere Preise.
  • Höhere Faktorkosten und Störungen der Lieferketten erfordern ceteris paribus eine höhere Bevorratung. Inflation sorgt für eine höhere Bilanzsumme – dies muss finanziert werden und erfordert eine höhere Kapitalbindung.
  • Preiselastizität: können höhere Beschaffungspreise nicht schnell genug oder überhaupt an Kunden weitergegeben werden, verringern sich Margen, Ergebnis und damit Cashflow.

Was können Unternehmer tun?

Falls sich das Phänomen der steigenden Preise und Zinsen als längerfristige Belastung herausstellt, könnten folgende Maßnahmen für Unternehmen in Betracht kommen:

  • Eine Möglichkeit steigenden Vormaterialpreisen zu begegnen, könnte die Bildung von Einkaufsgemeinschaften sein, um mit größeren Einkaufsmengen stabilere oder geringere Preise durchzusetzen. Unter Wahrung der entsprechenden Vertraulichkeit kämen hierfür neben branchenfremden Unternehmen ggf. auch Marktbegleiter in Betracht.
  • In Erwartung weiter steigender Preise sollte die Bevorratung generell höher ausfallen als in der Vergangenheit. Die Vorteile der „Just-in-Time“-Fertigung mit möglichst niedriger Lagerhaltung würden sich im Umfeld stetig steigender Preise ins Gegenteil verkehren.
  • Unternehmen sollten vor allem ihre Liquidität und finanzielle Resilienz ins Zentrum rücken: im Umfeld steigender Preise ist auf ausreichende Finanzierung des gesamten Working Capital zu achten. Hierzu sollten bestehende und falls nötig neue Finanzierungspartner bzw. flexible Instrumente rechtzeitig auf eine Ausweitung der entsprechenden Zusagen für verfügbare Liquidität angesprochen werden.
  • Der Königsweg bei steigenden Inputpreisen ist sicherlich eine Preiserhöhung gegenüber den Kunden. Je nach Branche und Marktstellung verfügt jedoch nicht jedes Unternehmen über die erforderliche Marktmacht. Alternativ könnten Preisgleitklauseln in Erwägung gezogen werden, die kundenseitig nur temporär für Preiserhöhungen sorgen. Entwickeln sich die Inputkosten mittelfristig doch wieder rückläufig, ist auf beiden Seiten für einen fairen Interessensausgleich gesorgt.
  • Nicht zuletzt werden sich die Kreditkosten wohl verteuern. Um hier eine Begrenzung und Absicherung zu erreichen, sollte die Refinanzierung entsprechend langfristig ausgerichtet sein oder werden. Hierbei ist es durchaus möglich, dass noch günstige Niveau der Kreditmargen auch längerfristig fest zu schreiben.
  • Um als Kreditnehmer ein weiter steigendes Zinsniveau zu begrenzen, können alternativ oder begleitend Zinssicherungsmaßnahmen geprüft werden. Sollte das Unternehmen andererseits über entsprechende Liquiditätsüberschüsse verfügen, gehören nun regelmäßige Gespräche mit der Hausbank zur Reduzierung bzw. Abschaffung von Verwahrentgelten auf die Tagesordnung bzw. regelmäßig in die Wiedervorlage.

Eine stabile und langfristig ausgerichtete Finanzierung und der richtige Mix an Finanzierungsinstrumenten sind die Basis für eine ausreichende Liquidität. Ein hohes Maß an Liquidität wiederum ist für Unternehmen das wirksamste Mittel gegen die Auswirkungen von Krisen, Inflation und höheren Zinsen.

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André Knöll

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