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Geschäftsführerhaftung – nicht auf die leichte Schulter nehmen

Geschäftsführerhaftung: Wofür haftet ein Geschäftsführer? Wie kann man sich vor Haftungsrisiken absichern? Alles Wichtige auf einen Blick.
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Geschäftsführerhaftung – nicht auf die leichte Schulter nehmen

Geschäftsführerhaftung: Wofür haftet ein Geschäftsführer? Wie kann man sich vor Haftungsrisiken absichern? Alles Wichtige auf einen Blick.

Ein mittelständisches Unternehmen wird Opfer von Hackern. Unter anderem erbeuten sie Kundendaten. Die Hacker erpressen das Unternehmen, aber die Geschäftsführer entscheiden sich, der Erpressung nicht nachzugeben. Daraufhin veröffentlichen die Hacker Kundendaten. Einige Kunden klagen auf Schadenersatz. Das Unternehmen verfügt weder über eine Cyber-Versicherung noch gibt es ein dokumentiertes Cyber-Security-Management. Deshalb können die Geschäftsführer in die Haftung genommen werden.

Dieses Beispiel ist kein Einzelfall, denn das GmbH-Strafrecht stellt anhand der Anzahl der Ermittlungs- und Strafverfahren den relevantesten Bereich des Wirtschaftsstrafrechts dar. Grundlegende Kenntnisse des GmbH-Strafrechts und der Geschäftsführerhaftung sind also von existenzieller Bedeutung für jeden GmbH-Geschäftsführer, zumal er im Ernstfall unbegrenzt mit seinem Privatvermögen haftet.

Geschäftsführerhaftung: Wann haftet der Geschäftsführer?

Der Geschäftsführer haftet zum einen gegenüber der Gesellschaft (Innenhaftung), zum anderen gegenüber Dritten (Außenhaftung). Grundlage der Innenhaftung ist § 43 Abs. 1 GmbHG. Danach hat der Geschäftsführer die Angelegenheiten der Gesellschaft mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns wahrzunehmen. Das heißt, er muss entsprechend den Vorgaben der Gesellschafter den Gesellschaftszweck aktiv fördern und Schaden von der GmbH abwenden. Tut er das nicht, kann die GmbH Schadenersatz verlangen. Voraussetzung zur Haftung sind Pflichtverletzungen, ein Schaden, also jede Beeinträchtigung des Gesellschaftsvermögens, auch als Mitverursacher.  Wichtig zu wissen: Es liegt am Geschäftsführer zu beweisen, dass er sich keines Fehlverhaltens schuldig gemacht hat.

Innenhaftung des Geschäftsführers

Die Pflichten des Geschäftsführers beginnen bereits während der Gründungsphase und setzen sich beim Betreiben der GmbH bis zum möglichen Insolvenzfall fort. In der Gründungsphase zählen die Gewerbeanmeldung und die Eintragung ins Handelsregister mit der Wahrheit entsprechenden Angaben (§ 9a GmbHG) sowie die Anmeldung der Arbeitnehmer bei der Sozial- und Krankenversicherung zu den wichtigsten Pflichten des Geschäftsführers.

Die Haftungsrisiken beim Betreiben der GmbH sind:

  • Form- und Fristvorschriften bei der Einberufung der Gesellschafterversammlung
  • Wettbewerbsverbote während und nach der Tätigkeit als Geschäftsführer
  • Vertragsabschlüsse, die für die Gesellschaft keinen messbaren Nutzen haben, aber Kosten verursachen
  • Abschluss riskanter Kreditgeschäfte
  • Verzicht auf realisierbare Forderungen
  • Durchführung von Geschäften, die dem Gesellschaftszweck widersprechen
  • Ungesetzliche Rückzahlung von Stammeinlagen
  • Darlehen an Gläubiger unter bestimmten Voraussetzungen
  • Darlehen an Geschäftsführer und Management sowie Familienmitglieder, sofern das Darlehen aus gebundenem Kapital erbracht wird

Die Haftungsrisiken in der Krise sind ebenfalls zahlreich. Ganz oben steht dabei die Haftung wegen verspäteter Insolvenzantragstellung. Manche Unternehmer tendieren dazu, zunächst privates Vermögen in das Unternehmen zu stecken, in der Hoffnung das Unternehmen noch zur retten.  Dennoch kann es am Ende zur Insolvenzverschleppung kommen. Weitere Risiken für den Geschäftsführer bei drohender Insolvenz liegen in der verspäteten Information der Gesellschafter sowie in der Bezahlung von Forderungen oder Rechnungen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung. Hinzu kommen unter anderem strafrechtlich relevante Pflichtverletzungen wie Betrug, Untreue und falsche Angaben.

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StaRUG: Neues Instrument zur Unternehmenssanierung

Das StaRUG, seit 2021 in Kraft, setzt sehr früh an, perspektivisch über zwei Jahre. Das heißt, wer in zwei Jahren oder innerhalb von zwei Jahren eine Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens befürchtet, ist verpflichtet, kann schon sehr frühzeitig Hilfe zu suchen und ein Sanierungsverfahren mit entsprechenden Maßnahmen in Gang zu setzen. Dies ist sicherlich ein Riesenvorteil, denn damit werden Unternehmen zum Risikomanagement gezwungen und Vermögenswerte geschützt. Höhere Vermögenswerte bedeuten normalerweise auch bessere Optionen oder Quoten für die Gläubiger und den Erhalt von Arbeitsplätzen. Sobald der Geschäftsführer zum Beispiel feststellt, dass er in zu große Abhängigkeit von wenigen Auftraggebern gerät, Kreditlinien am Anschlag sind, Umsatz und Gewinn seit längerer Zeit schrumpfen, sollte er den Weg in den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen suchen. Ist das Unternehmen erst einmal zahlungsunfähig, ist dieser Weg versperrt.

Außenhaftung des Geschäftsführers

Bei Forderungen gegenüber dem Unternehmen von Gläubigern haftet grundsätzlich die Gesellschaft mit dem Gesellschaftsvermögen, aber es gibt Ausnahmen:

  • Haftung bei Vertretung der GmbH
  • Haftung im Bereich Steuern und Sozialabgaben
  • Haftung in der Insolvenz
  • Haftung bei Wettbewerbsverstößen
  • Haftung bei nicht rechtzeitiger Abgabe des Jahresabschlusses
  • Haftung aus Delikt, zum Beispiel bei nicht rechtzeitigem Rückruf fehlerhafter Produkte
  • Haftung bei Gesellschafterwechsel, der nicht beim Handelsregister angezeigt wird
  • Haftung als Gesellschafter (Durchgriffshaftung)

Die Rechtsprechung der vergangenen Jahre zeigt eine Tendenz, die direkte Haftung der Geschäftsführer und Gesellschafter zuzulassen. Unnachgiebig ist der Gesetzgeber, wenn Steuern sowie Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung nicht oder nicht richtig abgeführt werden. Neben der persönlichen zivilrechtlichen Haftung des Arbeitgebers bzw. des für die Gesellschaft handelnden Geschäftsführers kommt auch eine strafrechtliche Haftung in Betracht nach § 266a StGB.

Geschäftsführerhaftung: Wie haftet der Geschäftsführer?

Geschäftsführer haften im Gegensatz zu Gesellschaftern mit ihrem gesamten Privatvermögen und sie haften gesamtschuldnerisch. Das heißt, wenn es beispielsweise mehrere Geschäftsführer gibt und einer von ihnen sich etwas zuschulden kommen lässt, kann jeder der Geschäftsführer in Anspruch genommen werden, auch wenn er „gar nichts damit zu tun hatte“. Natürlich kann der Betroffene seinerseits seinen Kollegen verklagen, aber das verursacht weitere Kosten und kann dauern. Im Grunde genommen geht es bei der Innenhaftung darum, dass Geschäftsführer gar nicht, zu spät oder nicht richtig gehandelt haben, meistens im Zusammenhang mit einem schlechten Risikomanagement. Deshalb sind ein dokumentiertes Risikomanagement, intensive Kommunikation mit Gesellschaftern, Banken und anderen Stakeholdern sowie eine genaue Dokumentation wichtiger Entscheidungen unabdingbar.

Für Gesellschafter gelten andere Regeln, doch in vielen Familienunternehmen ist der Geschäftsführer gleichzeitig Gesellschafter. In diesem Fall ist vor allem darauf zu achten, das Gesellschaftsvermögen streng vom Privatvermögen des Gesellschafters zu trennen. Grundsätzlich gilt das Privatvermögen der Gesellschafter nicht als Haftungsmasse. Allerdings wird in bestimmten Fällen mittels der Durchgriffshaftung eine Ausnahme gemacht. Ein Beispiel ist die Ein-Mann-GmbH. Sobald der Gesellschafter die GmbH nur zu dem Zweck gründet, um unter dem Dach der Firma Geschäfte zu machen und nicht selbst haften zu müssen, kann er belangt werden. Die Durchgriffshaftung greift noch in einigen anderen Fällen. Unter anderem, wenn die Gesellschafter auf das Gesellschaftsvermögen zugreifen, ohne sicherzustellen, dass das Unternehmen seinen Verbindlichkeiten nachkommen kann. Ein anderer Fall ist, wenn der Gesellschafter eine nicht dafür qualifizierte Person als Geschäftsführer einstellt und dem Unternehmen daraus Schaden entsteht.

Wie kann sich ein Geschäftsführer gegen Haftungsrisiken absichern?

Vor allem, indem er keine Fehler macht, aber in vielen Bereichen ist die Unternehmenswelt komplex geworden und die Risiken kaum noch überschaubar. Man denke nur an den IT-Bereich. Zwar werden viele Ermittlungen im Bereich Geschäftsführerhaftung eingestellt, doch das ist nur ein schwacher Trost, wenn man bedenkt, dass die Betroffenen die Kosten ihrer Verteidigung in jedem Fall selbst bezahlen müssen. Und die Stundenhonorare der auf Wirtschaftsstrafsachen spezialisierten Anwälte sind hoch. Fünfstellige Kosten sind keine Seltenheit.

Die reguläre Berufsrechtsschutzversicherung ist in den meisten Fällen nicht ausreichend. Eine Alternative bietet die sogenannte Geschäftsführer-Versicherung bzw. D&O-Versicherung (Directors & Officers). Sie kann den individuellen Bedürfnissen des Unternehmens und Geschäftsführers angepasst werden. Normalerweise schließt sie die Befriedigung berechtigter Ansprüche, die Verfahrenskosten und die Übernahme der Verteidigungskosten ein. Der Vorteil für das geschädigte Unternehmen: Auch hohe Schäden werden bezahlt. In jedem Fall empfiehlt es sich für betroffene Geschäftsführer, im Fall der Fälle sofort anwaltlichen Rat einzuholen.

Dieser Artikel deckt nicht alle Aspekte der Geschäftsführerhaftung ab. Zahlreiche Industrie- und Handwerkskammern bieten auf ihren Internetseiten ausführliche Informationen zu diesem Thema an. Die wichtigsten gesetzlichen Vorgaben finden sich im GmbH-Gesetz, in der Insolvenzordnung und im StGB § 266a.

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Andrea Przyklenk

Andrea Przyklenk

Autorin und Ghostwriterin für Einzelpersonen und Unternehmen: Newsletter, Blogbeiträge, Social Media Posts, Artikel, Bücher. Ich finde die richtigen Worte für das, was Sie sagen möchten.
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