Die Zeit, in der wir glaubten, unser Handeln hätte keine Folgen für unseren Planeten, ist lange vorbei. Zwei Drittel der mittelständischen Unternehmen sehen die Entwicklung von nachhaltigen Geschäftsmodellen als wichtige Herausforderung an. Obwohl sich viele Unternehmen Ziele gesetzt haben, die mit dem Pariser Klimaabkommen vereinbar sind, sind die Fortschritte im Jahr 2023 überschaubar. Wie können uns neue Technologien helfen, die Nachhaltigkeitsziele zu erreichen?
Nachhaltigkeit – jetzt auch verpflichtend für den Mittelstand
Der Lauf der Natur lässt sich nicht aufhalten. Deswegen betrifft das Thema Nachhaltigkeit nicht nur internationale Energiekonzerne und Handelsriesen, sondern vor allem auch mittelständische Unternehmen. 2017 wurden bereits kapitalmarktorientierte Unternehmen in die Pflicht einer umfassenden und kontinuierlichen Nachhaltigkeitsberichterstattung genommen.
Jetzt hat die Europäische Union beschlossen, dass ab dem 1. Januar 2024 Unternehmen aller Wirtschaftsbereiche dazu verpflichtet sind, zu berichten, wie es um ihre Nachhaltigkeit bestellt ist. Betroffen sind alle Unternehmen mit folgenden Kriterien:
- Große Unternehmen ab 250 Mitarbeitern, mit einer Bilanzsumme von über 20 Millionen Euro und Umsatz von über 40 Millionen Euro – ab zwei der drei Kriterien wird die Verpflichtung wirksam. Die Kapitalmarktorientierung ist unerheblich.
- Kapitalmarktorientierte KMU ab 10 Mitarbeitern, mit einer Bilanzsumme von mindestens 350.000 Euro und einem Umsatz von mindestens 700.000 Euro – auch hier gilt: zwei der drei Kriterien reichen für die Verpflichtung.
- Nichteuropäische Unternehmen, die in der EU einen Nettoumsatz von über 150 Millionen Euro erwirtschaften (ab 2028).
Innovation als Klimaretter
Nachhaltigkeit wird in den kommenden Jahren also auch für den deutschen Mittelstand zu einem immer größeren Thema. Welchen Stellenwert haben Technologien im Wettkampf um das klimafreundlichste Unternehmen?
Der Umstieg auf erneuerbare Energien ist zwar wichtig und notwendig, wird aber insgesamt nur zu etwa 55 Prozent der Netto-Null-Ziele in Bezug auf die Reduktion der Treibhausgasemissionen beitragen. Unternehmen müssen darüber hinaus ihre Produktion und sämtliche Anlagen optimieren – dies funktioniert nur mit verbesserten Technologien und Innovationen. Dabei nimmt die Digitalisierung als einer der wichtigsten Nachhaltigkeitsbeschleuniger eine besondere Rolle ein.
Nachhaltigkeit ohne Digitalisierung ist nicht möglich
Unternehmen, die großflächige Entwicklungen wie Digitalisierung und Automatisierung ignorieren, werden sich mit dem Erreichen der Klima- und Nachhaltigkeitsziele schwer tun. Dabei sehen viele Unternehmen in erster Linie die Kosten und den Aufwand, und übersehen einen wichtigen Aspekt: Wer Nachhaltigkeit in seine Unternehmensstrategie integriert, investiert gleichzeitig in die Zukunftsfähigkeit seines Unternehmens. Denn Banken und Investoren achten verstärkt darauf, wie ihre Kapitalnehmer hinsichtlich Nachhaltigkeit aufgestellt sind.

Nachhaltigkeit und Digitalisierung funktionieren in Kombination auf mehreren Ebenen. Digitale Technologien können dabei helfen, weniger Energie zu verbrauchen, Ressourcen effizienter einzusetzen und Lieferketten im Sinne der Nachhaltigkeit zu optimieren. Wie das gehen kann, zeigen bereits mehrere Unternehmen in verschiedenen Branchen.
Best Practices – Green City und Kreislaufwirtschaft
In der Produktion geht unter anderem Weidmüller – ein deutsches und international agierendes Familienunternehmen im Elektronikbereich – mit gutem Beispiel voran. Weidmüller verfolgt nicht nur eine interne Nachhaltigkeitsstrategie, sondern bietet auch IoT-basierte Systemlösungen in vielen Märkten, die Nachhaltigkeit fördern, an. Dazu gehören Unternehmen, die sich mit grünem Wasserstoff, Windenergie oder Photovoltaik beschäftigen.
Auch wenn Stadtverwaltung und Digitalisierung sich hierzulande noch oft widersprechen, gibt es Ausnahmen, wie zum Beispiel Darmstadt. Die hessische Stadt ist bereits für ihre Smart-City-Projekte bekannt und hat mittlerweile mehrere Maßnahmen in der Stadtverwaltung umgesetzt, die einen positiven Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten. Darmstadt verwendet beispielsweise eine produktive Datenplattform, auf der städtische Daten teilweise in Echtzeit amtsübergreifend verknüpft werden. Verschiedene Digitalisierungsprojekte zahlen auf den „Green-City“-Plan von Darmstadt ein – darunter Sensoren, die den Füllstand von Müllbehältern messen oder eine mit Bewegungsmeldern ausgestattete Straßenbeleuchtung, um Energie einzusparen.
Die Drogeriekette DM gehört zu den nachhaltigen Vorreitern im Handel. Die DM-Geschäftsführung bemüht sich schon seit Jahren um Themen wie Kreislaufwirtschaft, Ökologie oder soziale Verantwortung. Daher bieten die Drogeriemärkte ein breites BIO-Produktsortiment, experimentieren mit Abfüllstationen bei Wasch- und Reinigungsmitteln oder auch bei Kosmetika. Darüber hinaus verwendet DM digitale Systeme für ein kontinuierliches Qualitätsmanagement und ein smartes Materialmanagement, das dafür sorgt, dass Produktverpackungen möglichst aus wiederverwerteten Kunststoffen eingesetzt werden.
Es gibt bereits eine Reihe vielversprechender Beispiele, wie Digitalisierung und Nachhaltigkeit in Einklang mit den Unternehmenszielen gebracht werden. Da auch mittelständische Unternehmen bald stärker in die Pflicht genommen werden, Maßnahmen zur Nachhaltigkeit nachzuweisen, sollten sie von den Vorreitern lernen, Kooperationen eingehen oder eigene Ideen entwickeln. Unserer unternehmerischen Verantwortung entkommen wir jedenfalls nicht.