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Quiet Quitting: Geben Ihre Mitarbeiter wirklich nur noch das Nötigste?

Niemand beginnt einen Job mit der Absicht, irgendwann nur noch das Allernötigste zu tun. Aber was genau steckt dann hinter dem neuen Trend?
© Adobe Stock | MichaelJBerlin

Quiet Quitting: Geben Ihre Mitarbeiter wirklich nur noch das Nötigste?

Niemand beginnt einen Job mit der Absicht, irgendwann nur noch das Allernötigste zu tun. Aber was genau steckt dann hinter dem neuen Trend?

Glaubt man den sozialen Medien, dann ist Quiet Quitting (übersetzt: leise Kündigung) ein neuer Trend in der Arbeitswelt, der Unternehmern Sorgen bereiten muss. Wir haben uns gefragt, was hinter diesem Trend steckt und warum der Begriff so missverständlich ist. Eine nüchterne Einordnung.

Woher kommt die leise Kündigung?

Geht man auf Spurensuche rund um den Begriff Quiet Quitting, scheint der Ursprung nicht ganz klar zu sein. Große Medienhäuser oder A-, B- und C-Promis mit großen Follower-Zahlen geben dem Trendbegriff aktuell viel Gewicht, doch dahinter verbirgt sich kein einheitliches Verständnis von Quiet Quitting.

Während die einen ihr Stresslevel im Arbeitsalltag reduzieren wollen, sprechen die anderen bereits von innerer Kündigung oder Dienst nach Vorschrift. Dazwischen befindet sich jedoch ein breites Spektrum aus Arbeitnehmern, Berufen, Vorstellungen und nicht zuletzt Motivationen. Geprägt wurde der Begriff durch den TikToker Zaid Zepplin. Dieser beschreibt Quiet Quitting in seinem millionenfach geklickten Video so: „Du kündigst deinen Job nicht, arbeitest aber nicht mehr als dein Vertrag vorsieht. Arbeit ist nicht dein Leben, dein Wert als Mensch definiert sich nicht über deine Produktivität.“

Wir finden, dass Quiet Quitting als Begriff nicht taugt, weil es in Wahrheit um ein bereits bekanntes Bedürfnis geht.

Ein Trend gegen die Natur des Menschen?

Niemand beginnt einen Job mit der Absicht, es sich irgendwann gemütlich einzurichten und nur noch das Allernötigste zu tun, um nicht gekündigt zu werden. Natürlich könnten auch hier Ausnahmen die Regel bestätigen. Diese sind aber vernachlässigbar.

Die meisten Menschen leisten gerne ihren Beitrag zum Zusammenleben in einem funktionierenden, gesellschaftlichen System. Mit ihrer Arbeitskraft, als Dienstleister oder mit ihren Ideen und Fähigkeiten. Daran machen wir schließlich zu einem großen Teil unseren Selbstwert fest. Außerdem ist der Mensch von Natur aus auf soziale Bindungen angewiesen, sowohl privat als auch beruflich. Soll heißen: Durch unser Engagement in der Arbeit wollen wir nicht nur Karriere machen oder uns verwirklichen, sondern auch ein gutes Verhältnis zu unseren Kolleginnen und Kollegen und damit das soziale Gefüge aufrechterhalten. Es ist eben nicht „all about the money“.

Weder Quiet noch Quitting die Wahrheit liegt in der Work-Life-Balance

Man könnte also zusammenfassen, dass Quiet Quitting gar nicht so sein kann, wie es dargestellt wird. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass plötzlich eine ganze Generation von Arbeitnehmern gegen all diese Bedürfnisse ankämpft und nur noch Pflicht gegen Geld eintauschen will.

Vielmehr geht es um eine alte Bekannte. Quiet Quitting ist ein Ruf nach der vor Jahren versprochenen Work-Life-Balance. Durch die vermehrte Verlagerung der körperlichen Arbeit zu geistigen Tätigkeiten im letzten Jahrhundert haben immer mehr Menschen mit psychischer Belastung zu kämpfen – viele erkranken auch daran. Es ist daher weniger verwunderlich, dass es heute vor allem unter jungen Arbeitnehmern ein anderes Bewusstsein für die eigenen Leistungsgrenzen gibt.

Ein weiterer Grund für die Überlastung von Arbeitnehmern ist der vorherrschende Fachkräftemangel in vielen Branchen. Seit Jahren schon müssen weniger Menschen mehr leisten. In der Pflege, den Kindertagesstätten, Schulen und in zahlreichen Wirtschaftszweigen. Überall fehlt Personal.

Es ist nicht so, dass viele nicht mehr wollen, sondern eher, dass sie nicht mehr können. Das lässt sich nicht auf alle Berufe und Branchen pauschal übertragen, aber es ist definitiv eine Veränderung, die für viele aus den jüngeren Generationen spürbar ist.

Wie können Unternehmer mit Quiet Quitting umgehen?

Die meisten Arbeitnehmer wollen keine Quiet Quitter sein. Sie wünschen sich lediglich bessere Arbeitsbedingungen, mehr Zeit für ihr Privatleben und insgesamt ein gutes Gleichgewicht zwischen Work und Life. Dann sind sie auch bereit, überdurchschnittliche Leistung zu erbringen und Überstunden zu machen, wenn es sinnvoll und notwendig ist.

Arbeitgeber sollten vor allem zwei Dinge tun: gut zuhören und Freiräume geben. Im Urlaub wird sich erholt. Wer krank ist, sollte sich schonen. Ständige Erreichbarkeit ist für viele Arbeitnehmer ebenfalls ein Grund, ihren Job irgendwann zu hassen. Es sind oft Probleme, die durch gute Organisation schnell gelöst werden können. Dann steigt die Mitarbeiterzufriedenheit, von der schließlich auch Unternehmer profitieren. Es folgen weniger Krankheitstage und höhere Motivation. Eine klassische Win-win-Situation, die erfahrene Unternehmer zu schätzen wissen.

Ständiger Austausch ist die Lösung

Die jüngste Generation von Arbeitnehmern hat heute ganz andere Bedürfnisse und Sorgen, die in den letzten Jahrzehnten deutlich weniger präsent waren. Wie sinnstiftend ist mein Beruf für die Gesellschaft? Was tue ich aktiv für die Umwelt? In welcher Zukunft möchte ich leben? Diese Themen sollten Arbeitgeber auf dem Radar haben und regen Austausch mit ihren Mitarbeitern fördern. Junge Leute wollen gehört und ernst genommen werden. Dann kann sich eine leise Kündigung auch gar nicht erst einschleichen.

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Nick Gretzinger

Nick Gretzinger

smic! Events & Marketing | Nick versteht es, eine feinsinnige Portion Humor in seine fabelhaft recherchierten Texte zu packen. Wer seine Texte liest, muss sicher mehr als ein Mal schmunzeln und hat mit dem letzten gelesenen Wort das Gefühl, nicht nur sehr gut informiert, sondern auch wunderbar unterhalten worden zu sein.
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