Seit über einem Jahr bestimmt die Corona-Pandemie unseren Alltag, aber auch unsere Wirtschaft. Die geltenden Richtlinien und Bestimmungen der Regierung ändern sich ständig und führen nicht selten zu Verwirrung und Ratlosigkeit.
Die große Hoffnung der Politik liegt nun in der Impfung. Eine Strategie muss her und in kürzester Zeit sollen möglichst viele Bürger geimpft werden. Die schnelle Zulassung der Impfstoffe, zahlreiche Skandale rund um die Impfstrategie und Meldungen rund um möglich oder angebliche Nebenwirkungen sorgen bei vielen jedoch für eine große Skepsis und lässt die Bereitschaft fürs Impfen sinken.
Auch in Unternehmen kommen wesentliche arbeitsrechtliche Fragen rund um das Thema Corona-Impfung, Impfpflicht, Impfnachweis und Impfprämien auf.
Wie weit geht das Weisungsrecht des Arbeitgebers?
Laut § 106 GewO (Gewerbeordnung) bzw. § 315 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) unterliegen alle Arbeitnehmer dem sogenannten Weisungsrecht des Arbeitgebers. Im Rahmen des Arbeitsvertrages darf dieser seinen Beschäftigten also bestimmte Aufgaben zuweisen. Dieses Geltungsrecht darf immer wieder ausgeübt werden.
Dieses Weisungsrecht gilt jedoch nicht schrankenlos, sondern unterliegt gewissen Grenzen. So greift eine Impfung in das allgemeine Persönlichkeitsrecht und die körperliche Integrität des Einzelnen ein. Eine Zwangsimpfung wird vom Weisungsrecht deshalb nicht umfasst.
Die persönlichen Grundrechte des Arbeitnehmers, die durch das Grundgesetz geschützt sind, überwiegen deshalb dem berechtigten Interesse des Arbeitgebers an der Impfung. Auch wenn diese für einen reibungslosen Ablauf der betrieblichen Prozesse notwendig ist, ist die Corona-Schutzimpfung nur möglich, wenn der Arbeitnehmer vorher in diese einwilligt. Dies gilt auch in den sogenannten systemrelevanten Bereichen wie Arztpraxen und Krankenhäusern.
Kommt die Impfpflicht noch?
Die Bundesregierung proklamiert derzeit immer wieder die Freiwilligkeit der Impfung gegen das Corona-Virus. Äußerungen über mögliche Privilegien häufen sich jedoch. In §20 Abs. 6 S.1 des Infektionsschutzgesetzes ist bereits die gesetzliche Möglichkeit zur Impfpflicht vorgesehen. Dort heißt es:
„… anzuordnen, dass bedrohte Teile der Bevölkerung an Schutzimpfungen oder anderen Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe teilzunehmen haben, wenn eine übertragbare Krankheit mit klinisch schweren Verlaufsformen auftritt und mit ihrer epidemischen Verbreitung zu rechnen ist.“
Für andere Krankheiten wie Masern besteht die Impfpflicht beispielsweise bereits. So müssen Eltern ihre Kinder spätestens vor der Einschulung gegen Masern impfen lassen. Ebenso müssen Beschäftigte medizinischer Einrichtungen geimpft sein oder ihre Immunität nachweisen können.
Für so eine gesetzliche Impfpflicht gegen das Corona-Virus muss jedoch erst die derzeitige Knappheit an ausreichend Impfstoff beseitigt werden. Die Impfstoffproduktion ist also im vollen Gange.
Sonderregelungen für geimpfte Arbeitnehmer?
Derzeit können Wissenschaftler noch nicht genau sagen, ob die Impfung nur zum Eigenschutz dient oder auch zum Fremdschutz, also ob Dritte durch geimpfte Personen infiziert werden können oder nicht. Sonderrechte für geimpfte Mitarbeiter stehen somit auch noch nicht zur Diskussion.
Das heißt, dass auch bereits geimpfte Mitarbeiter sich an die Hygienevorschriften im Unternehmen halten müssen!
Wie sich das im weiteren Verlauf des Pandemiegeschehens entwickelt, bleibt abzuwarten. Je mehr Impfungen durchgeführt werden, desto mehr Veränderungen sind denkbar. So können beispielsweise ungeimpften Mitarbeitern zeitweise andere Arbeitsplätze zugewiesen werden, wenn dadurch der unmittelbare Kontakt zu Kunden oder Kollegen vermieden werden kann.
Auch der Entschädigungsanspruch bei Verdienstausfall durch Quarantäne entfällt, wenn ein Verbot der Ausübung der bisherigen Tätigkeit durch eine öffentlich empfohlene Schutzimpfung hätte vermieden werden können. Einfach ausgedrückt bedeutet das, dass ungeimpfte Arbeitnehmer mit negativen Konsequenzen rechnen können, wenn die zuständige Behörde eine häusliche Quarantäne anordnet, weil etwa ein Mitarbeiter Kontakt zu einer infizierten Person hatte.
Zu einer Impfpflicht durch den Arbeitgeber wird es dennoch nicht kommen, da dies als strafbare Körperverletzung (nach § 223 StGB) oder Nötigung (nach § 240 StGB) gewertet werden kann. Auch arbeitsrechtliche Konsequenzen wie Abmahnung oder Kündigung sind demnach unzulässig.
Fazit: Keine Impfpflicht für Arbeitnehmer
Ob sich Deine Mitarbeiter gegen das Corona-Virus impfen lassen oder nicht, bleibt ihnen selbst überlassen. Statt Druck auf Deine Mitarbeiter aufzubauen, solltest Du sie über die Vorteile einer freiwilligen Impfung aufklären.
Ist ausreichend Impfstoff vorhanden, hast Du die Möglichkeit, Deinen Beschäftigten die Impfung durch einen Betriebsarzt direkt im Unternehmen zu ermöglichen. Dies ist zum Beispiel bei der Grippeimpfung bereits weit verbreitet.
Lassen sich Deine Mitarbeiter während der Arbeitszeit impfen, so besteht im Normalfall nach § 616 BGB der Vergütungsanspruch weiterhin. In vielen Arbeitsverträgen ist diese Regelung jedoch ausgeschlossen. Möchtest Du die Impfquote Deiner Mitarbeiter vorantreiben, solltest Du hier vielleicht eine Ausnahme machen.
Viele Arbeitgeber denken außerdem über eine Impfprämie, in Form einer einmaligen Bonuszahlung, eines Sachgeschenks oder eines zusätzlichen Urlaubstags, nach.
Dieser Text wurde in Zusammenarbeit mit Schaffer & Partner erstellt.