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Frauenquote – die Türen in die Vorstandsebene werden gesetzlich geöffnet

Wie sinnvoll ist eine gesetzliche Frauenquote? Frauen in Führungspositionen finden sich in deutschen Unternehmen immer noch viel zu selten.
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Frauenquote – die Türen in die Vorstandsebene werden gesetzlich geöffnet

Wie sinnvoll ist eine gesetzliche Frauenquote? Frauen in Führungspositionen finden sich in deutschen Unternehmen immer noch viel zu selten.

11,5 % – die traurige Bilanz: und dennoch befindet sich die aktuelle Frauenquote in deutschen Konzernen derzeit auf einem Höchststand. Verläuft die Entwicklung analog zu den letzten Jahren, wäre eine Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen in den Vorständen der Börsenunternehmen frühestens in 100 Jahren erreicht.

Die Corona-Pandemie hat die bisherige Entwicklung zusätzlich verlangsamt. So wurden im Krisenjahr 2020 zahlreiche Vorstände verkleinert und mehr Frauen als sonst haben ihr Mandat niedergelegt. Etwa jedes fünfte weibliche Vorstandsmitglied ist im vergangenen Jahr ausgeschieden. Woran das liegen kann? Vermutlich, weil wir Deutsche in Krisensituationen gerne auf „Altbewährtes“ und Vertrautes zurückgreifen. Blickt man nämlich auf unsere europäischen Nachbarländer, so ist der Frauenanteil in Führungspositionen auch im Krisenjahr nahezu gleichgeblieben oder sogar gewachsen.

Ist eine gesetzliche Frauenquote also doch sinnvoll?

Ja, sagte die Koalition und einigte sich im Mai 2021 auf eine verbindliche Frauenquote. Das am 12. August 2021 in Kraft getretene Zweite Führungspositionengesetz (FüPoG II) legt klare Regeln sowohl für die Privatwirtschaft als auch für den öffentlichen Dienst fest.

So besteht für die Privatwirtschaft beispielsweise ein Mindestbeteiligungsgebot für große Vorstände, um den Anteil von Frauen an Führungspositionen zu steigern. Wird keine Position in den beiden obersten Führungsebenen weiblich besetzt, muss dies künftig begründet werden. Mit dem FüPoG II haben nun auch Mitglieder der Geschäftsleitung die Möglichkeit einer beruflichen Auszeit – beispielsweise bei Mutterschutz, Elternzeit oder Pflege eines Familienangehörigen.

Im öffentlichen Dienst soll bis 2025 der Anteil von Frauen und Männern an Führungspositionen etwa gleich sein.

Dass eine gesetzlich vorgeschriebene Quote funktioniert, zeigte sich bereits 2015 als diese für die Aufsichtsräte eingeführt wurde. Hier ist der weibliche Anteil von damals 25 % auf 35,4 % gestiegen. In den Aufsichtsräten, die nicht unter die Quotenregelung fallen, liegt der Frauenanteil bei lediglich 19,9 %.  

Ist das wirklich notwendig?

Ja, sprechen die Zahlen. Derzeit gibt es 160 Dax-, MDax- und SDax-Unternehmen. 60 % von ihnen haben keine einzige Frau im Vorstand. Bei den 30 Dax-Unternehmen liegt die Quote zwar bei 17,8 %, jedoch wurden die Vorstandsvorsitze bis vor kurzem nur von Männern besetzt.

Erst im Mai 2021 wurde Belén Garijo López alleinige Vorstandsvorsitzende des Merck-Konzerns und damit die erste Frau an der Spitze eines deutschen Aktienkonzerns.

Im Mittelstand sieht es übrigens nicht viel besser aus. Hier standen 2020 etwa 638.000 Frauen an der Spitze eines Unternehmens oder waren selbstständig. Das sind gerade mal 16,8 %. 2013 waren es noch 19,4 %.

Der Informationsdienstleister Crifbürgel wertete kürzlich 2,5 Millionen Führungspositionen in 1,2 Millionen Unternehmen aus und ermittelte eine allgemeine Frauenquote in deutschen Unternehmen von 24,6 %. Die Auswertung bezog sich auf Geschäftsführer/Innen, Aufsichtsratsmitglieder und -vorsitzende, geschäftsführende Gesellschafter/Innen sowie Vorstandsmitglieder und -vorsitzende.

Frauen in Führungspositionen wirken sich positiv auf den Unternehmenswert aus.
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Dabei hat eine weibliche Führung deutliche Vorteile für Unternehmen. Verschiedene Studien der ZEW Mannheim zeigen, dass Frauen in Führungspositionen ineffiziente Prozesse abbauen und den Unternehmenswert deutlich steigern.

Weder die Qualifikation der Vorstände noch die Erfahrung oder die Netzwerkgröße unterscheiden sich bei Männern und Frauen signifikant. Jedoch steigt mit dem Frauenanteil auch das Verhältnis von Marktwert des Eigenkapitals zu Vermögenswerten. Das wiederum liegt in der Regel daran, dass Frauen weniger fusionsbedingte Ausgaben tätigen, seltener neues Anlagevermögen erwerben, aber genauso viele Einnahmen aus dem Verkauf unrentabler Anlagen erwirtschaften wie Männer.

Kurz gesagt: Frauen betreiben weniger Empire Building, da sie ein geringeres Interesse an externem Unternehmenswachstum haben.

Warum gibt es also immer noch nicht genug Frauen in Vorstandspositionen?

Viele Arbeitgeber beklagen, dass sie geeignete Kandidatinnen einfach nicht finden. Dies scheint aber eine fadenscheinige Ausrede zu sein. Seit 2011 steigt der Frauenanteil an den deutschen Hochschulen kontinuierlich an und liegt im Wintersemester 2020/2021 bei 49,9 %. Dabei promovieren fast genauso viele Frauen wie Männer. 

Allerdings sind Frauen im Aufstieg der Karriereleiter nach wie vor zurückhaltender, obwohl sie doch die Ärmel höher krempeln und die Ellenbogen weiter ausklappen müssen als Männer. Auch bei der Unternehmensgründung sind Männer mutiger und wagen öfter den Schritt in die Selbstständigkeit.

Zudem haben es Frauen in Führungspositionen deutlich schwerer Karriere und Familie zu vereinbaren. Mit dem neuen Gesetz zur Frauenquote soll sich aber auch dies künftig ändern. Laut dem Koalitions-Entwurf sollen weibliche Vorstandsmitglieder einen Anspruch auf Mutterschutz entsprechend den gesetzlichen Fristen erhalten. Auch Eltern- oder Familienzeit soll den jungen Führungskräften zugestanden werden.

Vorreiter in Sachen Frauenquote

Allein die Diskussion um die gesetzliche Frauenquote hat einige der großen Unternehmen aufgerüttelt. So haben Adidas, Eon und Bayer kürzlich jeweils eine Frau in die operative Führung berufen, BASF sogar gleich zwei. Vorreiter in den DAX-Unternehmen sind die Deutsche Telekom und die Allianz mit jeweils drei Frauen im Vorstand.

Wie sich die Frauenquote in den deutschen Börsenunternehmen weiterentwickeln wird, bleibt nun abzuwarten. Fest steht, dass der Druck in der Öffentlichkeit und von Investoren da ist und Unternehmen handeln müssen.

Dieser Artikel wurde am 28. Februar 2022 zuletzt aktualisiert.

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Olga Wiesner

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