Viele Führungskräfte reiben sich zwischen Beruf und Familie bzw. Privatleben auf. Bei zahlreichen Familienunternehmern sitzt das Unternehmen immer mit am Tisch und beeinträchtigt sogar die Beziehungen zwischen den Familienmitgliedern. Die Folgen sind Burnout, Scheidungen, Unzufriedenheit, Stress und ein schlechtes Gewissen. Privatleben oder Beruf? Eines kommt scheinbar immer zu kurz.
Work-Life-Integration: Arbeit und Privatleben im Einklang?
Schon das Wort „Work-Life-Balance“ ist zweifelhaft. Zum einen ist die Arbeit Teil des Lebens. Also ist es eher die Frage, wie man die Arbeit in das Leben integriert. Zum anderen hat sich die Sichtweise, vor allem der jungen Generationen, verändert. Sie sehen die Vermischung von Privat- und Arbeitsleben als normal an. Befördert wird dies durch Remote Work, flexible Arbeitszeiten und -orte.
Vorteile und Herausforderungen der neuen Arbeitskultur
Beispielsweise ist es für viele junge Menschen völlig normal, auch in der Freizeit, in ihre beruflichen Mails zu schauen. Auch die Kommunikation mit Kollegen via Apps in der Freizeit empfinden sie nicht als störend. Sie checken während der Arbeitszeit ihre privaten Social Media Accounts oder betreuen die Kinder. Solange sie dies alles freiwillig und gerne tun, ist das kein Problem. Schwierig wird es erst, wenn dieses „integrierte“ Leben aus den Fugen gerät, wenn entweder Arbeit oder Privatleben/Familie leiden.
Zeitmanagement hilft nur bedingt
Für Führungskräfte und Unternehmer stellt sich die Sache etwas anders dar. Ihr Problem ist meistens, dass sie im Büro kein Ende finden, weil die Anzahl der Aufgaben zu groß ist. Wenn sie dann nach Hause zur Familie kommen, sind sie meistens müde, manchmal gereizt und wollen sich keine Vorwürfe oder Ratschläge anhören – seien sie noch so gut gemeint. Und allzu oft arbeiten sie zuhause weiter. Drei Dinge können die Arbeitsbelastung in Zaum halten und helfen, Zeit für die Familie und das Privatleben zu gewinnen:
- Zeitmanagement
- Priorisierung
- Delegieren
Zeitmanagement klingt banal, aber tatsächlich ist es mitunter sehr schwierig. Sie kommen extra früh ins Büro, um sich auf ein wichtiges Meeting mit einem Zulieferer vorzubereiten. Ihr Smartphone klingelt. Ihr Tennis-Kumpel ruft an. Ein Bereichsleiter braucht unbedingt Ihren Input zu einer Präsentation, die er in einer Woche halten wird. Ihre Assistentin erinnert Sie an die Abstimmung der Urlaubsplanung. Die Vorbereitung des Meetings bleibt auf der Strecke. Sie sind morgens um 10 Uhr schon gereizt und gestresst.
Das können Sie tun:
- Arbeiten Sie mit Puffern, sodass Sie nicht den ganzen Tag hetzen müssen. Verplanen Sie nur 60 Prozent Ihrer Arbeitszeit und halten Sie die restlichen 40 Prozent als Puffer frei.
- Priorisieren Sie! Arbeiten Sie dafür mit der Eisenhower-Methode:
- wichtig/eilig – Vorbereitung des Meeting mit dem Zulieferer
- wichtig/nicht eilig – Präsentation des Bereichsleiters
- unwichtig/eilig – Urlaubsplanung
- unwichtig/nicht eilig – Tennis-Kumpel zurückrufen
Tipp: Führen Sie einen Kalender, in dem Sie berufliche und private Termine zusammenführen. Blockieren Sie Zeiten, die Sie für Freizeit und/oder Familie vorgesehen haben.
Mehr Freiheit und Zufriedenheit im Leben: So kann es gelingen.
Für mehr Freiheit und Zufriedenheit im Leben können Führungskräfte durch gezielte Veränderungen und bewusste Entscheidungen ihre Lebensqualität deutlich verbessern. Die folgenden Ansätze bieten praktische Wege, um sowohl beruflich als auch privat eine gesunde Balance zu erreichen.
Loslassen – der erste Schritt zu mehr Freiheit
Delegieren Sie, lassen Sie los, geben Sie Kontrolle ab. Viele Führungskräfte und Unternehmer, vor allem die älteren, wollen alles selbst im Griff behalten. Sie vertrauen ihren Mitarbeitenden nicht und trauen ihnen auch nichts zu. Das führt zur Überlastung der Führungskräfte und zu Missmut bei den Mitarbeitenden. Hinzu kommt, dass die Produktivität auf allen Ebenen schlecht ist.
Geben Sie die allumfassende Kontrolle und das Micro-Management auf und delegieren Sie. Sie werden erstaunt sein, wieviel Zeit für die wirklich wichtigen Dinge bleibt und wie zufrieden und engagiert die Mitarbeitenden sind.
Etablieren Sie Rituale
Es gibt Führungskräfte, die morgens um 5 Uhr aufstehen, eine Stunde Nachrichten lesen, dann eine halbe Stunde aufs Laufband gehen, um 7 Uhr mit der Familie frühstücken und um 9 Uhr entspannt ins Büro kommen. Andere machen jeden Abend, bevor sie nach Hause gehen, einen Spaziergang. Manche gehen jeden Sonntag mit der Partnerin ins Kino.
Letztlich ist es egal, welche Rituale Sie für sich etablieren. Wichtig ist, dass es Dinge sind, die Ihnen am Herzen liegen und mit denen Sie sich wohl fühlen. Halten Sie an diesen Ritualen fest. Opfern Sie sie nicht dem Alltag. Rituale sind Ankerpunkte in unserem Leben, die uns Sicherheit geben.
Lernen Sie, Nein zu sagen
Passen Sie auf, dass Sie nicht zwischen Beruf und Familie/Freizeit aufgerieben werden. Beide Lebensbereiche können sehr fordernd sein. Deshalb sollten Sie lernen, Nein zu sagen. Bevor Sie eine Einladung zu Freunden stresst, sagen Sie Nein. Wenn Sie der Kunde zum Abendessen einlädt und Sie schon etwas mit der Familie geplant haben oder müde sind, sagen Sie Nein. Wenn der Bereichsleiter nichts selbst entscheidet, sondern immer wieder versucht, Ihnen die Entscheidung zuzuschieben, sagen Sie Nein.
Achten Sie auf sich selbst
Manche Führungskräfte treiben Raubbau an ihrem Körper und ihrer Gesundheit. Sie laufen beruflich und privat immer auf Höchstleistung. Sie gönnen sich kaum Ruhezeiten, schlafen zu wenig, essen zu viel oder zu wenig, machen keinen Sport und vernachlässigen ihr Wohlbefinden insgesamt. Denken Sie daran, dass Ihr Körper das nicht auf Dauer mitmachen wird. Irgendwann wird er Ihnen zeigen, dass er genug hat. Vielleicht beschert Ihnen Ihr Körper nur eine schwere Grippe, die Sie außer Gefecht setzt und zur Ruhe zwingt. Vielleicht ist es aber auch ein Hörsturz oder ein Herzinfarkt, Burnout oder eine Depression.
Achten Sie auf sich selbst, auf Ihre körperliche und seelische Gesundheit. Leben Sie so gesund wie möglich, treiben Sie Sport und tun Sie Dinge, die Sie glücklich machen. Denken Sie an das Sprichwort: “In einem gesunden Körper lebt ein gesunder Geist.”
Lebensplanung überdenken
In einer ruhigen Stunde sollten Sie sich auch fragen, ob Sie Ihre Arbeit gerne machen, ob sie tatsächlich das ist, was Ihnen Freude und Zufriedenheit schenkt. Denken Sie darüber nach, was im Beruf und im Privatleben Ihre Ziele waren und sind. Vielleicht ist es an der Zeit, diese Ziele nachzujustieren. Im Beruf wie im Leben brauchen Sie ein Ziel, einen Sinn. Ohne Sinn keine Motivation und keine Zufriedenheit.