Digitalisierung und Agilität gehen Hand in Hand. Viele Familienunternehmen arbeiten aktuell an einer Veränderung ihres Geschäftsmodells oder einem digitalen Geschäftsmodell. In der neuen, digitalen Welt kommen Unternehmen besser zurecht, wenn sie mit agilen Methoden arbeiten.
Was versteht man eigentlich unter “agilen Methoden”?
Agile Methoden sind flexible und iterative Ansätze zur Projekt- und Teamarbeit, die es ermöglichen, schnell auf Veränderungen zu reagieren und kontinuierlich Verbesserungen vorzunehmen.
Im Gegensatz zu traditionellen, starreren Vorgehensweisen setzen agile Methoden auf kurze Entwicklungszyklen, regelmäßiges Feedback und enge Zusammenarbeit im Team. Dabei stehen die Bedürfnisse des Kunden im Mittelpunkt, und Anpassungen werden fortlaufend vorgenommen, um ein optimales Ergebnis zu erzielen.
Agile Methoden fördern Eigenverantwortung, Transparenz und eine offene Kommunikationskultur, was zu effizienteren Prozessen und einer höheren Zufriedenheit bei allen Beteiligten führt.
Agilität bringt den Unternehmen Schnelligkeit
Agilität verleiht dem Unternehmen also Schnelligkeit. Diese ist bei dem Tempo der Veränderung, dem wir uns gegenübersehen, unabdingbar. Darüber hinaus fördert agiles Arbeiten Kreativität, Verantwortung und Engagement der Mitarbeitenden.
Allerdings: Agilität kann man nicht von oben verordnen oder von heute auf morgen einführen. Denn Agilität verändert die Arbeitsweise, die Unternehmenskultur und letztlich die Organisation. Agile Organisationen funktionieren nach dem Bottom-up-Prinzip, das vom Engagement der Mitarbeitenden getragen wird.
Agilität ist Change
Wenn Sie Ihr Unternehmen in eine agile Organisation verwandeln möchten, sollten Sie sich darüber im Klaren sein, dass es mit ein paar Design-Thinking- und Scrum-Seminaren allein nicht getan ist. Mitunter sind solche Seminare, mit der Gießkanne ausgeteilt, sogar kontraproduktiv. In manchen Unternehmen können oder dürfen die Mitarbeitenden ihre neu erworbenen Fähigkeiten gar nicht anwenden, weil Führung, Kultur und Organisation noch nicht bereit sind.
Also machen Sie sich darauf gefasst, dass Agilität ein Change-Prozess ist, der nicht von heute auf morgen abgeschlossen ist. Im Gegenteil: Experten behaupten, dass es das 100 Prozent agile Unternehmen gar nicht geben wird, sondern dass immer daran gearbeitet werden muss.
Ohne Änderung der Führungskultur gibt es keine Agilität!
Jeder Change-Prozess muss bei der Führung beginnen, denn die Führungskultur prägt die Unternehmenskultur. Im Falle von Agilität bedeutet das für die Führungsebene und auch für den Unternehmer selbst, die Haltung und das Verhalten zu ändern. Führungskräfte müssen vor allem lernen loszulassen, Verantwortung und Entscheidungsbefugnis abzugeben und sich von ihrer Rolle des allwissenden Chefs zu verabschieden.
Agiles Arbeiten bedeutet selbstorganisierte Teamarbeit, bei der Führung nicht mehr entscheidet oder Aufgaben verteilt. Die Führungskraft wird zum „Servant Leader“ – sie unterstützt, fördert, coacht und sorgt dafür, dass die Teams optimale Rahmenbedingungen vorfinden, die es ihnen erlauben, Ziele schnell und effizient zu erreichen.
Die Hierarchieebenen müssen zugunsten schnellerer Entscheidungen reduziert werden, was dazu führen wird, dass manche Manager und Mitarbeitende neue Aufgaben bekommen. Das wird für Ängste und Widerstand sorgen. Wenn die Führungskräfte nicht zu 100 Prozent hinter dem Change stehen, wird er scheitern.
Agilität Schritt für Schritt: Starten Sie klein, erreichen Sie Großes!
Versuchen Sie nicht, Agilität sofort im ganzen Unternehmen zu erreichen. Es wird nicht funktionieren. Beginnen Sie dort, wo Agilität am wichtigsten ist: in der Entwicklung neuer, digitaler Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle. Agilität ist vor allem in einer von Unsicherheit und Komplexität geprägten Welt sinnvoll. Sie brauchen keine Agilität, wenn es um einfache Dinge geht.
Schaffen sie ein kleines Team mit digitalaffinen Mitarbeitenden, geben Sie Ihnen agile Arbeitsweisen und Instrumente an die Hand (zum Beispiel über Seminare) und holen sie externe Fachkräfte und Experten dazu. Sobald dieses Team erste Erfolge feiern kann, sollten Sie ein weiteres Team bilden. Sorgen Sie für Austausch zwischen den ersten agilen Teams und dem Rest der Belegschaft. Das stachelt die Neugier der Mitarbeitenden an und verbreitet die Erfolge der Teams im gesamten Unternehmen.
Gleichzeitig sollten Sie – ausgehend von der Führungsebene – die Silos oder Abteilungen im Unternehmen durchlässiger machen. So sollte zum Beispiel die fach- und hierarchieübergreifende Zusammenarbeit wo immer möglich gefördert werden. Auch neue Führungsinstrumente wie Objectives and Key Results (OKR) sollten nach und nach eingeführt werden.
Agile Unternehmen: Der Drahtseilakt zwischen Effizienz und Kreativität
Für die Führung stellt die Umwandlung des Unternehmens in ein agiles Unternehmen eine echte Herausforderung dar. Man nennt das Ambidextrie (Beidhändigkeit). Das Unternehmen muss weiterhin funktionieren. Die Kunden erwarten nach wie vor ein für sie passendes Angebot, Pünktlichkeit, Präzision und Qualität. Innerhalb des Unternehmens werden sich aufgrund dessen zwei parallele Strukturen mit zwei unterschiedlichen Kulturen bilden.
Führungskräfte müssen darauf vorbereitet sein und damit umgehen können. Auf der einen Seite werden feste Strukturen und klare Vorgaben erwartet, auf der anderen Seite Freiräume für Innovation. Je mehr sich agile Arbeitsweisen im Unternehmen durchsetzen, desto größer wird die Notwendigkeit zur Ambidextrie.
Vielfalt agiler Organisationen
Die Experten sind sich uneins, wann ein Unternehmen als agile Organisation betrachtet werden kann. Einig sind sie sich jedoch darüber, dass die Gestaltung der Organisation zur Strategie passen muss. Letztlich geht es zunächst darum herauszufinden, ob Hierarchien, Regeln und Gewohnheiten das Unternehmen daran hindern, mit der gebotenen Flexibilität zu agieren, um seine Aufgaben schneller und effizienter zu lösen.
- Die Projekt-, die Matrix-, die hybride und die digitale Organisation werden gemeinhin als Vorstufen zur agilen Organisation betrachtet. Es gibt allerdings Unternehmen, die in einem dieser Stadien verharren und damit erfolgreich sind.
- Die Amöben- und die Satellitenorganisation können als agile Organisationen gelten. Die Amöbenorganisation umfasst das gesamte Unternehmen. Es hat keine festen Strukturen mehr und passt sich den jeweiligen Erfordernissen an. Klassische Hierarchien gibt es nicht mehr.
- Die Satellitenorganisation lässt sich schneller erreichen und ist für die meisten Unternehmen praktikabler. Kleine Teams werden aus der Kernorganisation ausgegliedert. Sie arbeiten agil, agieren selbstständig und sind nur lose an die Kernorganisation angegliedert.
Jedes Unternehmen muss für sich entscheiden, welche Organisation für seine Strategie das richtige Maß an Agilität hat. Außerdem sollten sich Führungskräfte bewusst sein, dass diese Entscheidung nur eine vorläufige sein kann, denn wenn sich die Umwelt entwickelt und verändert, wird das auch das Unternehmen tun müssen.